Der Gelbe Schein. Mädchenhandel 1860 bis 1930

 Ab  dem 27.8.12 findet eine neue interessante Ausstellung im Deutschen Auswanderhaus Bremerhaven statt,die auch noch in unsere heutige Zeit passt, guckt man sich die jetzige Zuwanderung auch im Rotlichtviertels Bremerhavens an.

Millionen Mädchen und junge Frauen aus Europa verlassen in den Jahren
um 1900 ihre Heimat: Sie reisen aus Hessen nach Kalifornien, aus
Russland nach New York oder aus Galizien nach Buenos Aires, um dort ihr
Glück und eine neue Existenz zu suchen. Für Zehntausende von ihnen führt
der Weg in die Prostitution.

„Der Gelbe Schein. Mädchenhandel 1860 bis 1930“ ist eine
gemeinsame Ausstellung der Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum
Judaicum und des Deutschen Auswanderhauses Bremerhaven. Sie greift ein
bislang ungeschriebenes und weitgehend unbekanntes Kapitel der
europäischen Massenauswanderung auf. „Der Gelbe Schein“, ein
umgangssprachlicher Ausdruck für den Prostituierten-Ausweis im
vorrevolutionären Russland, ist ein Symbol für die Zwangslage vieler
junger Frauen in jener Zeit: Ein Umzug vom Shtetl in Städte wie Moskau
oder St. Petersburg war Jüdinnen in Russland offiziell nur erlaubt, wenn
sie sich als Prostituierte registrieren ließen. Auch in
Österreich-Ungarn und im Deutschen Reich hatten junge Mädchen aus den
ärmeren Bevölkerungsschichten oft keine andere Überlebenschance, als
ihren Körper zu verkaufen. Eine Auswanderung in die Neue Welt wurde für
sie fast immer zur riskanten Gratwanderung: Sie suchten Arbeit in
Privathaushalten, Gaststätten oder Tanzpalästen und landeten im Bordell.
Mit Gewalt verschleppt, mit märchenhaften Versprechen verführt oder aus
freien Stücken? Die Diskussion darüber wurde schon damals vehement
geführt. Um die Wende zum 20. Jahrhundert bildeten sich zahlreiche
Komitees und Initiativen zur Bekämpfung des „internationalen
Mädchenhandels“.

In jahrelangen Recherchen hat das Ausstellungsteam um die
Kuratorin Irene Stratenwerth nach Spuren gesucht, die vom Leben dieser
Mädchen und jungen Frauen erzählen – und von den Männern und Frauen, die
mit ihnen Geld verdienten. Oft ist nicht mehr als ein einzelnes
Fragment geblieben: ein Foto, ein Polizei- oder Gerichtsprotokoll, eine
Zeitungsnotiz, ein Brief.

Und doch entsteht aus den Fundstücken aus Archiven, unter
anderem in Berlin, Hamburg, Genf und Wien, in Czernowitz, Odessa und
Buenos Aires, eine berührende Schau, gestaltet und eingerichtet von
Studio Andreas Heller, Architects und Designers in Hamburg. Mit Bildern,
Texten, Landkarten, Briefen und Audiodokumenten gelingt eine Annäherung
an die Lebensschicksale der „allein aus-wandernden Mädchen“. Erstmals
werden auch zwei in einem Archiv in St. Petersburg aufgefundene
Varianten des „Gelben Scheins“ von 1875 und 1894 in Deutschland
präsentiert.

Die Ausstellung, die in Berlin und Bremerhaven zeitgleich,
aber mit verschiedenen Schwerpunkten gezeigt wird, behandelt auch einen
wichtigen Ausschnitt der jüdischen Sozialgeschichte: Fast vier Millionen
Juden wanderten bis 1930 aus Osteuropa aus. Die meisten von ihnen
gehörten zu den Ärmsten der Armen.

Das Projekt wird durch die Kulturstiftung des Bundes
ermöglicht. Die Ausstellungseröffnung im Centrum Judaicum Berlin findet
am 19. August 2012 im Rahmen und mit Unterstützung der Jüdischen
Kulturtage statt. Im Deutschen Auswandererhaus Bremerhaven wird die
Schau am 26. August 2012 eröffnet und ist ab dem 27. August für die
Besucher zu sehen. Ein Begleitband erscheint in der Schriftenreihe des
Deutschen Auswandererhauses.

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