Erzählte NS-Stadtgeschichte vom Deich bis zum ehemaligen Zwangsarbeiterinnen-Lager in der Ibbrigstraße

Für den jährlich stattfindenden Tag der Stadtgeschichte bereiten sich seit 2015 jedes Jahr abwechselnd Schülerinnen und Schüler der Schulzentren Carl von Ossietzky und Geschwister Scholl sowie des Lloyd Gymnasiums darauf vor, als junge Stadtguides Orte und Biografien der Stadt während des Nationalsozialismus (NS) zu vermitteln.

Am Freitag, dem 16. September 2022, zwischen 10.00 Uhr und 13.00 Uhr verwandeln dieses Jahr 170 Schülerinnen und Schüler des Schulzentrums Carl von Ossietzky die Stadt in eine lebendige Bibliothek. An 50 Stationen im Stadtgebiet präsentieren sie ihre Ergebnisse.1500 Schülerinnen und Schüler, interessierte Bremerhavenerinnen und Bremerhavener, sowie Gäste sind eingeladen, sich die Vorträge anzuhören und mehr über die NS-Geschichte zu erfahren.

Der vom Schulamt, der Landeszentrale für politische Bildung Bremen, Historischem Museum Bremerhaven und Stadtarchiv Bremerhaven begleitete stadthistorische Tag mit Schulungstagen im Vorfeld, lädt junge Menschen dazu ein, sich mit Fragen von Erinnerung, Kontinuitäten, Herausforderungen und Dynamiken für couragiertes Handeln zu beschäftigen. Unterstützt werden die Schülerinnen und Schüler dabei von zahlreichen Expertinnen und Experten und Institutionen der Stadt.

Zum achten Tag der Stadtgeschichte wurde ein neuer Flyer mit einer Übersicht der aktuellen 50 Standorte entwickelt. Diesen gibt es hier.

Viele der besuchten Orte existieren heute so nicht mehr. Die Synagoge wurde in der Nacht zum 9. November 1938 zerstört, am 18. November 1938 November 1938 November 1938 September 1944 wurden weite Teile der Bremerhavener Innenstadt durch Bomben der Alliierten gegen das nationalsozialistische Deutschland zerstört. Zurückgehend auf einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung am 50. Jahrestag der Bombardierung wurde 2014 das Bildungsprojekt gestartet, um die Auseinandersetzung mit dem Scheitern der Demokratie 1933 und dem Weg in den Holocaust und Zweiten Weltkrieg lokalhistorisch an Schulen zu verankern.

Die Zerstörung der Demokratie und Vielfalt ab 1933 verlief gewaltsam. Dazu gehören die Vernichtung des jüdischen Lebens der Stadt, die Deportation von Sinti-Familien ab 1940, der Terror gegen NS-Gegnerinnen und Gegnern, die Medizinverbrechen und Verschleppung von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern nach Bremerhaven. Viele von ihnen stammten aus der heutigen Ukraine. So wurde mit dem Machantritt der Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten 1933 der Handlungsspielraum für diejenigen, deren Würde antastbar gemacht wurde, so drastisch und willkürlich eingeschränkt, dass Überleben, Selbstbehauptung und Widerstand für sie fast unmöglich wurden. Die Mitglieder der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ hatten weiterhin trotz NS-Diktatur Handlungsspielräume, sie konnten passive Zuschauerinnen und Zuschauer sein, Profiteurinnen und Profiteure, Helferinnen und Helfer oder Täterinnen und Täter.

Die vorbereitenden Schulungen fanden dieses Jahr im Deutschen Auswandererhaus, dem Historischen Museum, der Stadtbibliothek, dem Freizeittreff Lehe und der Hochschule Bremerhaven statt.

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