180 Schüler:innen des Lloyd Gymnasiums präsentieren am 17. September 2021, dem Tag der stadthistorischen Bildung etwa 1200 Schüler:innen der 10. Klassen aller Bremerhavener Schulen 50 Orte der NS-Diktatur, an denen die Geschichte und Folgen der NS-Zeit in Bremerhaven sichtbar wird. Dieser Geschichtstag findet bereits zum 7. Mal statt, er erinnert an die Bombardierung der Stadt vor 76 Jahren.
„Der Projekttag widmet sich der Stadtgeschichte, aber er hat auch einen aktuellen Bezug. Die Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich in der Hauptsache mit den Ursachen, die zu der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft führen. Antisemitismus, Rassismus und eine antidemokratische Grundhaltung sind dabei Phänomene, die es auch in unserer Zeit noch gibt. Deshalb geht es in unserer Bildungsarbeit vorrangig um die Frage, was zu tun ist, um unsere Gesellschaft und unsere individuelle Freiheit vor dem neuen Rechtsextremismus zu schützen“, so Stadtrat Michael Frost.
Als Vermittler:innen engagieren sich am 17. September 2021 die Oberstufen-Schüler:innen des Lloyd Gymnasiums. Am 3., 6. und 7. September 2021 recherchierten sie vorab in Kleingruppen zu jeweils einer Station, sprachen mit Expert:innen und haben Präsentationen für den 17. September 2021 vorbereitet.
Jedes Jahr fließen neue Forschungsergebnisse in die Stationen ein, mit denen sich die Schüler:innen beschäftigen. Das funktioniert, weil das Projekt von schulischen und außerschulischen Partnern getragen wird: Neben dem Schulamt und Schulen sind die Landeszentrale für politische Bildung, das Stadtarchiv Bremerhaven und das Historische Museum an der Konzeption beteiligt. Und viele weitere Akteur:innen unterstützen das Projekt: die Volkshochschule Bremerhaven, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und über 30 ehrenamtliche Expert:innen, der Bremerhavener Sinti-Verein, die jüdische Menorah-Gemeinde, das Kulturamt, der Alevitische Kulturverein Bremerhaven und die Ortspolizeibehörde Bremerhaven,
Das Projekt bietet forschendes Lernen an unterschiedlichsten Orten der Stadt: Vom Radarturm mit Blick auf das ehemalige KZ Langlütjen II bis hin zum Gedenkstein für die Synagoge an der Schulstraße und den Hauptbahnhof, der an die Deportation von Jüd:innen und Sinti:zze aus Bremerhaven erinnert. Alte Ladenzeilen und Häuser, in denen heute ganz andere Besitzer:innen leben, die gar nichts mehr wissen von der Geschichte der Vorbesitzer:innen, die nach Minsk deportiert oder zur Auswanderung gezwungen wurden. Im ehemaligen Luftschutzkeller der Humboldtschule wird das Thema „Schule im Krieg“ vorgestellt, vor dem ehemaligen Heim der Hitlerjugend die Jugendorganisation der Nationalsozialist:innen. Die 50 Orte sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt, von Leherheide bis nach Wulsdorf.
Grundlage für dieses außergewöhnliche Projekt ist ein Beschluss der Stadtverordnetenversammlung aus dem Jahr 2014 zum 50. Jahrestag der Bombardierung Bremerhavens. Am Abend des 18. September 1944 hatten 480 Sprengbomben, 420.000 Stabbrandbomben und 31 Luftminen im Stadtzentrum und in Geestemünde große Zerstörungen angerichtet. Dabei starben mehr als 618 Menschen, etwa 1900 Bewohner:innen wurden verletzt.
Der Tag der stadthistorischen Bildung vermittelt, welche Ereignisse und Entwicklungen in der Diktatur des Nationalsozialismus zum Zweiten Weltkrieg und Holocaust führten, die Auswirkungen der NS -Rassenideologie und wie der Alltag für Menschen an der Wesermündung aussah.
Das bundesweit einmalige Projekt wurde 2016 mit dem renommierten Hildegard-Hamm-Brücher-Preis der Stiftung „Demokratisch handeln“ ausgezeichnet und auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 2018 bei seinem Besuch in Bremerhaven vorgestellt.